Ende in Sicht?

Irgendwann findet jede Geschichte ihr Ende, egal, ob es eine gute oder eine schlechte war. In diesem Fall scheint es nicht ganz so zu sein. Denn eineinhalb Jahre nach diesem grausamen Ende hat der Autor erst ein einigermaßen klares Bewußtsein über diese Begebenheit gewonnen. Das Niederschreiben der damaligen Erlebnisse war dabei eine große Hilfe. Weitere Erkenntnisse sind erarbeitet worden in zahllosen Gesprächen mit Freunden und Bekannten. Nun erst kann die Aufarbeitung beginnen.

Zur Bewältigung dieses Traumas gehört, regelmäßig an den Ort des Geschehens zurückzukehren. Denn nur durch die ständige Konfrontation mit der Realität besteht die Chance, das Trauma vergessen zu können, wenn die Verarbeitung abgeschlossen ist.

Nach Abschluß des Tagebuchs scheinen sich die Erinnerungen an das Trauma eher zu verdichten als sich aufzulösen. Das menschliche Gehirn läßt sich nicht so einfach zum Vergessen bewegen, wenn man es nicht mit Rauschmitteln oder einer Gehirnwäsche dazu zwingt. So scheint ein Horizont über Jahre hinweg festgelegt zu sein.

Neuen Auftrieb erhält die Erinnerung nun durch Danyelles polizeiliche Anzeige. Dadurch wird das Erlebnis nun wieder lebendig und beide Seiten werden das Erlebte nicht vergessen. Es ist auch wichtig, die Erlebnisse in guter Erinnerung zu behalten, vielleicht werden sie das, was danach geschah, überdecken.

Ich bin Danyelle dankbar, daß sie nach über 18 Monaten endlich den Mut gefaßt hat, die Konsequenzen, die sich aus ihrem herzlosen und unfairen Verhalten – gegen unseren Willen – entwickelt haben, behördlichen Stellen anzuzeigen. Somit erhalten auch andere Kreise Kenntnis von dieser traurigen Geschichte, was eigentlich seit Beginn des Dilemmas mein Ziel war. Meinerseits wäre es unangebracht gewesen, damals – im Mai 2012 – die Polizei, ein Gericht oder einen Rechtsanwalt aufzusuchen mit meiner Geschichte. Was hätte man dort ausrichten können? Man hätte mich ausgelacht. So blieb mir nur die Hoffnung, daß Danyelle irgendwann selbst die Initiative ergreift und die Geschichte durch ihr Betreiben bekannt macht. Und ich hatte stets die Hoffnung, daß sie vielleicht ihre Situation überdenkt und zu dem Schluß kommt, daß sie doch – wie sich nun immer klarer herausstellt – einem fatalen Mißverständnis aufgesessen ist.

Immerhin hat sie sich intensiv mit der Materie auseinandergesetzt und ich bin mir sicher, daß sie weiter darüber reflektieren wird und vielleicht auch zu neuen, positiven Erkenntnissen gelangen wird. Davon zeugen die Ermittlungsakten, die bereits im ersten Stadium die Dicke von 15 cm aufweisen und die mit zahlreichen von Danyelle verfaßten Schriftstücken, Übersichten, Ablaufplänen und Notizen versehen sind. Wenn ich bisher auch erfolgos geblieben bin, die Gründe ihrer Entscheidung zu erfahren, so habe ich doch bewirkt, daß sich Danyelle mit dieser Problematik weiter auseinandersetzt. Es wäre einfacher gewesen, sich durch gegenseitige Aufklärung zu helfen, anstatt einfach den Kontakt abzubrechen und damit das Feuer erst richtig zu entfachen und die Entwicklung in eine Bahn zu lenken, die von niemandem gewünscht sein kann. Dies steht auch in krassem Widerspruch zu Danyelles Devise „wir sind alle nur Menschen“.

Wenn nun gerichtliche Konsequenzen folgen, dann bin ich mir sicher, daß sich daraus für beide nur positive Entwicklungen ergeben. Denn dann werden sich alle Gräben zwischen uns schließen, was seit Mai 2012 im direkten Kontakt, der durch Danyelle selbst erstickt worden ist, offensichtlich nicht möglich war. Somit wird sich auch mein langgehegter Wunsch, mein Verhältnis zu Danyelle endlich zu normalisieren, schließlich erfüllen, auch deshalb, weil ich dem Gericht dann werde erklären können, was ich Danyelle nie erklären konnte. Im gerichtlichen Rahmen erschließen sich so die Möglichkeiten, um die seit über 16 Monaten gerungen habe. Es ist traurig, daß es angesichts der Entwicklung überhaupt so weit kommen mußte. Auch in verfahrenen Situationen müssen Menschen in der Lage sein, komplexe Entwicklungen zu entkrampfen und zu normalisieren, auch nach den Geschehnissen, die sich hier aufgrund einer voreiligen und unbedachten Entscheidung ergeben haben.

Warum es mit Danyelle nie möglich war, ist bisher noch ungeklärt. Wir kommen der Klärung aber immer näher.

 

Hinterlasse einen Kommentar